Dienstag, 15. Juli 2014

Weltmeister? Pah, ich bin Wutmeister!


Ganz Deutschland ist happy, wachte Montag früh auf und der erste Gedanke „Juhu, wir sind Weltmeister“.
Bei mir war das nicht so.

Angefangen hat meine Wutmeisterwoche schon am Freitag. Auf Arbeit hatte ich so viel zu tun, dass ich nur am Rande mitbekam, dass irgendwas mit meinem Telefon nicht stimmte.
Also ich dann später als sonst das Gebäude verließ, merkte ich, einfach nur Neustarten scheint nix zu bringen. Da machte ich mir noch Gedanken, dass der Freund zu Hause sitzt, auf mich wartet und mich nicht erreichen kann. Der Arme... ich peeeste so schnell ich konnte heim nur um dann festzustellen: Da wartet gar niemand.
Nun gut, im heimischen W-Lan hat mein Telefon dann wenigstens n bissl was zugelassen, obwohl Telefonieren immer noch nicht drin war. Spät am Abend dann, der Freund war mittlerweile aufgetaucht, zeichnete sich der Herzinfarkt deutlich ab. Irgendeine Aktivierung sollte ich da machen. Der Freund war auch ratlos. Und die Frauen-Taktik „einmal aus und wieder an machen“ half dann auch nicht mehr, da es dann bei der PIN-Eingabe einfach hängen blieb. Langsam bekam ich Panik.
Das bedeutete, dass wir am nächsten Morgen auch verschliefen, denn der Wecker war auch DAS Handy. Der Freund telefonierte sich dann die Finger wund... Vodafone, Apple, auf Werkseinstellungen zurücksetzen. Nix half. Ich versuchte solange einen Kuchen für den Polterabend zusammen zu zimmern.
Der Abend war dann auch recht nett. Durchs poltern und dann müde ins Bett fallen war man gut abgelenkt.

Was neben allem offline-sein auch total fehlte war eine Uhr. Bisher hab ich immer das Handy gezückt und fix nachgesehen. Meist sogar dabei entdeckt, dass ich eine Nachricht habe, diese gelesen, dann wieder eingesteckt, dann festgestellt, dass ich gar nicht auf die Uhr geguckt habe.
Nun gut. Habe dann meine Armbanduhr hervorgekramt und wie sollte es anders sein: Batterie alle.

Traurig war ich dann doch am Finalsonntag. Grade da ist im Internet ja ne Menge los. Nun gut. Ich hatte Spätschicht und wegen dem berechenbaren Mehraufwand sollte ich (die armen Kollegen natürlich auch) früher hin und länger bleiben. War ja ok, aber ohne Handy war alles nicht mehr das gleiche. Verrückt, ich weiß. Ich will auch gar nicht so jämmerlich klingen. Sicher gibt es genug Leute, die es genießen, mal abends das Telefon auszuschalten. Ich nicht. Ich höre aber schon die Leute, die dann sagen „Früher gings doch auch ohne“, oder „ja, ja, man ist schon ganz schön abhängig von den Dingern!“
Gut, der Abend verlief wie wir alle wissen weltmeistermäßig. Bis um 2 Uhr saßen wir in der Redaktion, schrubbten die Seiten, fieberten mit, freuten uns über das fertige Blatt, und dann kam der Feierabend. Ganz Berlin war auf den Straßen, und ich wollte nur nach Hause.
Glücklicherweise schlüpfte ich mit meinem Kollegen zusammen in den Fahrstuhl, so war ich bei der folgenden Odyssee nicht allein.

Am Empfang unten wurde meine Frage nach dem Taxi gleich abgebügelt mit der Info „Das Taxiunternehmen hat eben angerufen und gesagt, wir brauchen gar nicht mehr anzufragen.... und der letzte der ein Taxi wollte hat eine Stunde gewartet...“

Eine Stunde? Na, der hatte wohl Pech! Dachte ich.

Wir gingen auf die Straße und da begannen wir das Übel schon zu erahnen. An den Straßen, vermehrt an den Kreuzungen, standen unzählige Menschen, die alle sehnsüchtig und besoffen die Straßen nach Taxen absuchten.
Wir wanderten Richtung Checkpint Charlie, nur um festzustellen, dass dort NATÜRLCIH NOCH mehr Menschentrauben standen.
Busse fuhren zwar, aber ohne Handy konnte ich mir keine Verbindung raussuchen. Und noch waren wir optimistisch.

Dann erwischten wir ein freies Auto, doch unser Reiseziel schien den Fahrer abzuschrecken und er bevorzugte den Kunden der sich hinter uns schon halb ins Auto drängte und immer „Mehringdamm, Mehringdamm“ krähte.

Da waren wir noch großzügig und sind weiter gezockelt.
Immer Richtung S-Bahnhof. Ich hatte die leise Hoffnung mir eingebildet zu haben, dass die Bahnen in der WM-Nacht länger fahren wollten. Leider war dem nicht so. Wir zockelten weiter, uns begegnete die erste Ratte. Und damit meine ich nicht die, die mich im Vorbeigehen um, naja, was besoffene Männer vorbeigehende Mädchen eben fragen....

Und ich immer so: „Wie spät ist es jetzt?“

Mittlerweile bereute ich massiv, dass ich nicht mit dem Auto gefahren bin. Da ich aber in Berlin eher S-Bahnfahrer bin und ohne Navi den Weg nie gefunden hätte, war natürlich WIEDERMAL das Handy schuld an meinem Debakel.

Nachdem wir statt freie Taxen zu entdecken mittlerweile nicht nur an einer Ratte, sondern noch einem Fuchs und zwei Hasen vorbeitrottelten, postierten wir und am Schöneberger Ufer. Einer betreute die eine Fahrtrichtung, der andere die Richtung am anderen Ufer.
Das war dann der Tiefpunkt. Mittlerweile war ich auch äußerst beeindruckt von mir selbst, auch noch so schlau gewesen zu sein, den Beutel mit der Kuchentransportkiste im Schlepptau zu halten und freute mich sehr über den einsetzenden Regen.

Und WENN alle halbe Stunde dann mal ein beleuchtetes Taxi auftauchte, hörten wir Ausreden „Ich mach gleich Pause“, „Mein Chef wartet da und da auf mich“ und einmal jagten wir einem Taxi bis zur Tankstelle hinterher, aber ein anderer war schneller.

Zwei sich wie vier angefühlten Stunden später  hatte dann doch jemand Mitleid mit uns und hielt an. Punkt 4 Uhr saßen wir erleichtert im Taxi. Waren aber schon so angepisst, dass wir uns kaum freuen konnten.

Mit Sonnenaufgang und Vogelgezwitscher lag ich dann halb 5 im Bett.

Und hörte noch meinen Chef sagen: „Geburtstag, Weihnachten, alles nicht vergleichbar. Da wacht man morgens auf und alles ist vorbei. Aber das hier, da wachen wir morgen früh auf und sind immer noch Weltmeister“.

Ich wachte also auf und dachte: Gott sei Dank ist dieser Tag vorbei. Und die WM.

Es war also 12 Uhr, ich immer noch müde. Mein Handy immer noch kaputt. Schnelles Frühstück, duschen, und dann bin ich auch schon wieder los durch Berlin zum Kudamm, den dortigen Apple-Store aufsuchen. Denn laut Vodafone und Apple-Hotline könne ich da mein Telefon umtauschen. Also, dachte ich, bald ist es vorbei.
Unterwegs wie zuletzt als 12-Jährige immer wieder nach der Uhrzeit gefragt.
In dem Bus saß dann auch ein Promi, dessen Namen mir nicht einfiel. Auch der Busfahrer, der nach dessen Ausstieg einmal durchsagte „Hey, wir hatten grad einen Promi im Bus“, tat mir den Gefallen nicht, seinen Namen zu sagen. Google? Ach nee, geht ja nicht.

Im Apple-Store angekommen war ich erst mal platt. Eine riesige quadratische Fläche. Nix mit „Store“. Tische mit iGeräten drauf, viele Kunden, viele Angestellte, alle mit iPad. Ich ahnte noch nichts Schlimmes. Suchte mir einen freien Apple-Mann aus. Schilderte kurz das Problem. Bot er mir doch echt einen Termin an? Für Donnerstag? In VIER Tagen?  Ich hab erst mal geschwiegen und meinen Tränen höflich Vortritt gelassen. Was natürlich äußerst peinlich war, ich weiß. Aber ich war so so so so angepisst, da konnt ich nix gegen machen. Kriegte mich mühsam ein, überlegte kurz, was ich noch so außer Betteln für Optionen habe. Leider keine. Und ich werde auch sicher nicht der einzige Kunde sein, der das mit den Terminen total blöd findet. Hätte man ja am Telefon auch mal sagen können. Man, was wäre das für ein entspannter Tag gewesen. Aber das dann andere Kunden, die einen Termin haben, warten müssten, wenn ich ohne Termin bedient werden würde, das würde ich doch auch nicht wollen. Meinte der Apple-Mann, „Oder?“
Nun gut, die freien Termine Donnerstag harmonierten leider so gar nicht mir meinen Arbeitszeiten, so dass es letztlich doch Freitag wurde.
Nach doch einer halben Stunde erfolgloses rumstehen verließ ich den Laden und versuchte es sicherheitshalber nochmal bei Vodafone. Die können das Gerät lediglich einschicken, dauert 3-4 Wochen. „Das ist eben bei Apple so“. Schon ist man ein Aussätziger.
Tja, da steh ich nun und versuche mich mit einer Woche Abstinenz anzufreunden. Und kann es nicht. Ich habe echt schon Phantom-Vibrationen in der Hosentasche. Ich langweile mich am Bus, vermisse Quizduell und kann nicht mal gucken, wie das Wetter morgen wird. Und die Frau hinter mir an der Kasse vorhin wollte mir nicht mal die Uhrzeit verraten. Obwohl ich flehentlich mit Handzeichen auf ihre dicke, rosa Uhr gezeigt habe. Dann wartete ich sehnsüchtig auf den Kassenzettel, aber da war auch nur das Datum drauf.

Mein einziger Trost ist, dass diese Woche was ganz tolles bei uns im Garten passiert. Daran versuche ich mich zu erfreuen und dann einfach in der Woche nicht zu einem sonderlichen Kauz zu werden.
Und dann hab ich ja 4 Tage frei.

Und mal sehen ob mir noch was einfällt, wie ich Donnerstag und Freitag geweckt werde, der Freund hat da ja keinen Urlaub mehr....

Ich hoffe , ich habe Euch mit meiner Ausführung nicht gelangweilt. Seid nur gewarnt: Hegt und pflegt Euer Telefon, verlasst Euch am Final-Abend nicht auf Taxen und im Applestore nur mit Termin.

Und der Promi war übrigens Moritz Bleibtreu. Hätt Euch ja auch n Foto gemacht, aber....


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe so herzlich gelacht und mich total wieder gefunden :-)
Ich hoffe es löpt alles wieder.
LG
Emma

Unknown hat gesagt…

Die Tränen-Nummer hat mich an Tic Tac Toe erinnert. "da kommen die Tränen wieder auf Knopfdruck" ;-)

Da kauft man sich Taiwan-Müll mit nem angebissenen Apfel drauf, der Scheiss geht kaputt und als Belohnung darf man höflich nach einem Termin fragen...

Deshalb kriegt Apple auch keinen Cent von mir!

Bis Samstag

LG Mirko