Ganz Deutschland ist happy, wachte Montag früh auf und der
erste Gedanke „Juhu, wir sind Weltmeister“.
Bei mir war das nicht so.
Angefangen hat meine Wutmeisterwoche schon am Freitag. Auf
Arbeit hatte ich so viel zu tun, dass ich nur am Rande mitbekam, dass irgendwas
mit meinem Telefon nicht stimmte.
Also ich dann später als sonst das Gebäude verließ, merkte
ich, einfach nur Neustarten scheint nix zu bringen. Da machte ich mir noch
Gedanken, dass der Freund zu Hause sitzt, auf mich wartet und mich nicht
erreichen kann. Der Arme... ich peeeste so schnell ich konnte heim nur um dann
festzustellen: Da wartet gar niemand.
Nun gut, im heimischen W-Lan hat mein Telefon dann
wenigstens n bissl was zugelassen, obwohl Telefonieren immer noch nicht drin
war. Spät am Abend dann, der Freund war mittlerweile aufgetaucht, zeichnete
sich der Herzinfarkt deutlich ab. Irgendeine Aktivierung sollte ich da machen.
Der Freund war auch ratlos. Und die Frauen-Taktik „einmal aus und wieder an
machen“ half dann auch nicht mehr, da es dann bei der PIN-Eingabe einfach
hängen blieb. Langsam bekam ich Panik.
Das bedeutete, dass wir am nächsten Morgen auch verschliefen,
denn der Wecker war auch DAS Handy. Der Freund telefonierte sich dann die
Finger wund... Vodafone, Apple, auf Werkseinstellungen zurücksetzen. Nix half.
Ich versuchte solange einen Kuchen für den Polterabend zusammen zu zimmern.
Der Abend war dann auch recht nett. Durchs poltern und dann
müde ins Bett fallen war man gut abgelenkt.
Was neben allem offline-sein auch total fehlte war eine Uhr.
Bisher hab ich immer das Handy gezückt und fix nachgesehen. Meist sogar dabei
entdeckt, dass ich eine Nachricht habe, diese gelesen, dann wieder eingesteckt,
dann festgestellt, dass ich gar nicht auf die Uhr geguckt habe.
Nun gut. Habe dann meine Armbanduhr hervorgekramt und wie
sollte es anders sein: Batterie alle.
Traurig war ich dann doch am Finalsonntag. Grade da ist im
Internet ja ne Menge los. Nun gut. Ich hatte Spätschicht und wegen dem berechenbaren
Mehraufwand sollte ich (die armen Kollegen natürlich auch) früher hin und
länger bleiben. War ja ok, aber ohne Handy war alles nicht mehr das gleiche.
Verrückt, ich weiß. Ich will auch gar nicht so jämmerlich klingen. Sicher gibt
es genug Leute, die es genießen, mal abends das Telefon auszuschalten. Ich
nicht. Ich höre aber schon die Leute, die dann sagen „Früher gings doch auch
ohne“, oder „ja, ja, man ist schon ganz schön abhängig von den Dingern!“
Gut, der Abend verlief wie wir alle wissen weltmeistermäßig.
Bis um 2 Uhr saßen wir in der Redaktion, schrubbten die Seiten, fieberten mit, freuten
uns über das fertige Blatt, und dann kam der Feierabend. Ganz Berlin war auf
den Straßen, und ich wollte nur nach Hause.
Glücklicherweise schlüpfte ich mit meinem Kollegen zusammen
in den Fahrstuhl, so war ich bei der folgenden Odyssee nicht allein.
Am Empfang unten wurde meine Frage nach dem Taxi gleich
abgebügelt mit der Info „Das Taxiunternehmen hat eben angerufen und gesagt, wir
brauchen gar nicht mehr anzufragen.... und der letzte der ein Taxi wollte hat
eine Stunde gewartet...“
Eine Stunde? Na, der hatte wohl Pech! Dachte ich.
Wir gingen auf die Straße und da begannen wir das Übel schon
zu erahnen. An den Straßen, vermehrt an den Kreuzungen, standen unzählige
Menschen, die alle sehnsüchtig und besoffen die Straßen nach Taxen absuchten.
Wir wanderten Richtung Checkpint Charlie, nur um festzustellen,
dass dort NATÜRLCIH NOCH mehr Menschentrauben standen.
Busse fuhren zwar, aber ohne Handy konnte ich mir keine
Verbindung raussuchen. Und noch waren wir optimistisch.
Dann erwischten wir ein freies Auto, doch unser Reiseziel
schien den Fahrer abzuschrecken und er bevorzugte den Kunden der sich hinter
uns schon halb ins Auto drängte und immer „Mehringdamm, Mehringdamm“ krähte.
Da waren wir noch großzügig und sind weiter gezockelt.
Immer Richtung S-Bahnhof. Ich hatte die leise Hoffnung mir
eingebildet zu haben, dass die Bahnen in der WM-Nacht länger fahren wollten.
Leider war dem nicht so. Wir zockelten weiter, uns begegnete die erste Ratte.
Und damit meine ich nicht die, die mich im Vorbeigehen um, naja, was besoffene
Männer vorbeigehende Mädchen eben fragen....
Und ich immer so: „Wie spät ist es jetzt?“
Mittlerweile bereute ich massiv, dass ich nicht mit dem Auto
gefahren bin. Da ich aber in Berlin eher S-Bahnfahrer bin und ohne Navi den Weg
nie gefunden hätte, war natürlich WIEDERMAL das Handy schuld an meinem Debakel.
Nachdem wir statt freie Taxen zu entdecken mittlerweile
nicht nur an einer Ratte, sondern noch einem Fuchs und zwei Hasen
vorbeitrottelten, postierten wir und am Schöneberger Ufer. Einer betreute die eine
Fahrtrichtung, der andere die Richtung am anderen Ufer.
Das war dann der Tiefpunkt. Mittlerweile war ich auch
äußerst beeindruckt von mir selbst, auch noch so schlau gewesen zu sein, den
Beutel mit der Kuchentransportkiste im Schlepptau zu halten und freute mich sehr
über den einsetzenden Regen.
Und WENN alle halbe Stunde dann mal ein beleuchtetes Taxi
auftauchte, hörten wir Ausreden „Ich mach gleich Pause“, „Mein Chef wartet da
und da auf mich“ und einmal jagten wir einem Taxi bis zur Tankstelle hinterher,
aber ein anderer war schneller.
Zwei sich wie vier angefühlten Stunden später hatte dann doch jemand Mitleid mit uns und
hielt an. Punkt 4 Uhr saßen wir erleichtert im Taxi. Waren aber schon so
angepisst, dass wir uns kaum freuen konnten.
Mit Sonnenaufgang und Vogelgezwitscher lag ich dann halb 5
im Bett.
Und hörte noch meinen Chef sagen: „Geburtstag, Weihnachten,
alles nicht vergleichbar. Da wacht man morgens auf und alles ist vorbei. Aber
das hier, da wachen wir morgen früh auf und sind immer noch Weltmeister“.
Ich wachte also auf und dachte: Gott sei Dank ist dieser Tag
vorbei. Und die WM.
Es war also 12 Uhr, ich immer noch müde. Mein Handy immer
noch kaputt. Schnelles Frühstück, duschen, und dann bin ich auch schon wieder los
durch Berlin zum Kudamm, den dortigen Apple-Store aufsuchen. Denn laut Vodafone
und Apple-Hotline könne ich da mein Telefon umtauschen. Also, dachte ich, bald
ist es vorbei.
Unterwegs wie zuletzt als 12-Jährige immer wieder nach der
Uhrzeit gefragt.
In dem Bus saß dann auch ein Promi, dessen Namen mir nicht
einfiel. Auch der Busfahrer, der nach dessen Ausstieg einmal durchsagte „Hey,
wir hatten grad einen Promi im Bus“, tat mir den Gefallen nicht, seinen Namen
zu sagen. Google? Ach nee, geht ja nicht.
Im Apple-Store angekommen war ich erst mal platt. Eine
riesige quadratische Fläche. Nix mit „Store“. Tische mit iGeräten drauf, viele
Kunden, viele Angestellte, alle mit iPad. Ich ahnte noch nichts Schlimmes.
Suchte mir einen freien Apple-Mann aus. Schilderte kurz das Problem. Bot er mir
doch echt einen Termin an? Für Donnerstag? In VIER Tagen? Ich hab erst mal geschwiegen und meinen Tränen
höflich Vortritt gelassen. Was natürlich äußerst peinlich war, ich weiß. Aber
ich war so so so so angepisst, da konnt ich nix gegen machen. Kriegte mich
mühsam ein, überlegte kurz, was ich noch so außer Betteln für Optionen habe.
Leider keine. Und ich werde auch sicher nicht der einzige Kunde sein, der das
mit den Terminen total blöd findet. Hätte man ja am Telefon auch mal sagen
können. Man, was wäre das für ein entspannter Tag gewesen. Aber das dann andere
Kunden, die einen Termin haben, warten müssten, wenn ich ohne Termin bedient werden
würde, das würde ich doch auch nicht wollen. Meinte der Apple-Mann, „Oder?“
Nun gut, die freien Termine Donnerstag harmonierten leider
so gar nicht mir meinen Arbeitszeiten, so dass es letztlich doch Freitag wurde.
Nach doch einer halben Stunde erfolgloses rumstehen verließ
ich den Laden und versuchte es sicherheitshalber nochmal bei Vodafone. Die
können das Gerät lediglich einschicken, dauert 3-4 Wochen. „Das ist eben bei
Apple so“. Schon ist man ein Aussätziger.
Tja, da steh ich nun und versuche mich mit einer Woche
Abstinenz anzufreunden. Und kann es nicht. Ich habe echt schon
Phantom-Vibrationen in der Hosentasche. Ich langweile mich am Bus, vermisse
Quizduell und kann nicht mal gucken, wie das Wetter morgen wird. Und die Frau
hinter mir an der Kasse vorhin wollte mir nicht mal die Uhrzeit verraten.
Obwohl ich flehentlich mit Handzeichen auf ihre dicke, rosa Uhr gezeigt habe.
Dann wartete ich sehnsüchtig auf den Kassenzettel, aber da war auch nur das
Datum drauf.
Mein einziger Trost ist, dass diese Woche was ganz tolles
bei uns im Garten passiert. Daran versuche ich mich zu erfreuen und dann
einfach in der Woche nicht zu einem sonderlichen Kauz zu werden.
Und dann hab ich ja 4 Tage frei.
Und mal sehen ob mir noch was einfällt, wie ich Donnerstag und Freitag geweckt werde, der Freund hat da ja keinen Urlaub mehr....
Ich hoffe , ich habe Euch mit meiner Ausführung nicht gelangweilt.
Seid nur gewarnt: Hegt und pflegt Euer Telefon, verlasst Euch am Final-Abend
nicht auf Taxen und im Applestore nur mit Termin.
Und der Promi war übrigens Moritz Bleibtreu. Hätt Euch ja
auch n Foto gemacht, aber....
2 Kommentare:
Ich habe so herzlich gelacht und mich total wieder gefunden :-)
Ich hoffe es löpt alles wieder.
LG
Emma
Die Tränen-Nummer hat mich an Tic Tac Toe erinnert. "da kommen die Tränen wieder auf Knopfdruck" ;-)
Da kauft man sich Taiwan-Müll mit nem angebissenen Apfel drauf, der Scheiss geht kaputt und als Belohnung darf man höflich nach einem Termin fragen...
Deshalb kriegt Apple auch keinen Cent von mir!
Bis Samstag
LG Mirko
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